Hier stelle ich Ihnen eine Taschenuhr vor,
die von der Westfälischen Drahtindustrie Hamm anlässlich 25-jähriger treuer Mitarbeit im Jahr 1897 an einem Mitarbeiter ausgegeben wurde.
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In der Uhr arbeitet ein 15-steiniges Ankerwerk mit palettierten Ankersteinen. Erwähnt werden muß noch die Bildmarke SS & Co. innenseitig auf dem Rückdeckel. Dahinter steckt die Manufaktur "Sigmund Stern & Co., Solothurn". Die Manufaktur hatte in Frankfurt a. M. eine Niederlassung von 1890-1905. Sie stellte vorwiegend Taschenuhren her. |
Das eigentlich interessante ist aber die Gravur "Westfaelische Drahtindustrie - Hamm i/W 1897 - 25 Jahre treue Dienste" auf dem Rückdeckel. |
1810 erbaute Wilhelm Hobrecker am Nordtor der Stadt Hamm ein Walzwerk. Die Wasserkraft der Lippe trieb die Maschinen an. Produkte dieser kleinen Manufakturen waren Ofenrohre aus Walzbleche und Drahtstifte aus gezogenem Draht. Nach dem Tod von Wilhelm Hobrecker übernahmen 1853 die Söhne Wilhelm, Christoph und Karl das Werk, die es einige Jahre weiterbetrieben. |
Später übernahm der Enkel des Werksgründers Johann Carl Hobrecker (25.04.1811 - 30.03.1875) das Werk.
Durch längere Auslandsaufenthalte geschult erkannte dieser die Notwendigkeit sich von der Abhängigkeit der Wasserkraft zu lösen und auf Dampf umzusteigen.
Unter der Beteiligung von Hermmann und Julius Witte und Wilhelm Herbers, die eine Nadelfabrik in Iserlohn besassen (Fa. Staphan Witte & Co.) wurde 1856 in der Nähe
der Köln-Mindener Eisenbahn ein neues Drahtwerk errichtet. Es war europaweit das erste Drahtwerk, das mit Dampfkraft betrieben wurde.
Am 27.06.1867 erfolgte der handelsgerichtliche Eintrag auf Fa. Hobrecker, Witte & Herbers. |
Sie firmierte nun unter dem Namen Westfälische Drahtindustrie- Verein, Hamm (Westf.), kurz WDI. Am 15.12.1872 erfolgte dann die Eintragung der Aktiengesellschaft ins Handelsregister des Amtsgericht der Stadt Hamm. Von Jahr zu Jahr eroberten die Erzeugnisse immer mehr den Weltmarkt. Es wurde 1874 ein Zweigwerk in Riga in Betrieb genommen. Es firmierte unter dem Namen Westfälischer Drahtindustrie-Verein, Abteilung Riga. Bereits im Jahre 1880 gingen zwei Drittel der Gesamterzeugung in das Ausland. Dieser Trend setzte sich in den Folgejahren fort. |
Verwaltungsgebäude |
Nachfolgend entwickelte sich ein zunehmender Preisverfall der Erzeugnisse. Das Roheisen war dementsprechend in der Relation zu teuer.
Die Gewinne schrumpften. Um dem entgegenzuwirken gab es zwei Lösungswege. Entweder stellte man die Rohstoffe selber her oder man ging
eine Kooperation mit einem Rohstoffhersteller ein. Die letztere Möglichkeit erschien risikoloser und man begann einen geeigneten Partner zu suchen und fand
ihn mit der Fa. Friedrich Krupp AG.
Ab dem 01.07.1911 galt ein Interessengemeinschaftsvertrag. Er war auf 30 Jahre befristet mit der Option auf 10-jährige Verlängerung.
Der Großaktionär Fried. Krupp AG in Essen erhielt dabei ca. 71% der Stammaktien und 100% der Vorzugsaktien. Für die Dauer des Vertrages blieb die
W.D.I. als eigenständiges Unternehmen bestehen. Der finanzielle Erlös des Vertrages wurde in die Modernisierung des Werkes,
für einen neuen Werksbahnhof und in den Anschluß an den Lippeseitenkanal investiert. |
Eine Konjunkturerholung ergibt sich aus den Kriegsvorbereitungen zum 2.WK. durch die Produktion von kriegswichtigen Produkten. Während des
Krieges wird das Werk durch Bomben zu 80% zerstört. Nach dem Wiederaufbau konnte eine vorgesehene Demontage abgewendet werden.
Die Produktionskapazität hatte bereits 1951 den Vorkriegsstand. Im gleichen Jahr lief der Vertrag mit dem Kruppkonzern ab. |